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Welche Gefahr geht heute von der Pest aus?

Die Pest ist immer noch nicht ausgerottet. Im Zehnjahresdurchschnitt treten 2547 Erkrankungen und 181 Todesfälle pro Jahr auf. 1979-1992 registrierte die WHO (World Health Organization) 1451 Todesfälle in 21 Ländern. Derzeit befinden sich Endemiegebiete in Zentral- und Südostasien, Indonesien, Zentral- und Südafrika, Madagaskar, Mexiko, den USA, Zentral- und Südamerika, Russland und Kasachstan.

▲ Heutige Verbreitung des Pesterregers Yersinia pestis

Die höchsten Inzidenzen sind derzeit in Madagaskar, Tansania, Vietnam, Myanmar, Indien und Peru zu beobachten. 80% der Pestfälle des 20. Jahrhunderts ereigneten sich in Asien, in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts. Das am meisten betroffene Land war Indien. In den 60 Jahren nach 1897 wurden dort 12 Mio. Pesttote registriert. Erst seit den späten 50ern traten in Indien für eine lange Zeit keine Pesterkrankungen mehr auf. Die letzte größere europäische Epidemie ereignete sich 1945 auf Korsika mit 42 Erkrankten und 25 Todesfällen. In der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts traten immer noch zahlreiche Infektionen auf, z.B. in der Dritten Welt. Einzelne Pestherde sind immer wieder Savannen und Dschungel. Zwischen 1955 und 1964 wurden weltweit ca. 8900 Beulenpestfälle, davon 2388 Todesfälle (26,6%), registriert. In Indonesien sind bis 1970 nur 11 Fälle pro Jahr aufgetreten. 1973 stieg diese Zahl aber schlagartig auf 130 offizielle und viele unsichere mehr an. Ein Beispiel dafür, dass die Anzahl der Pesterkrankungen sehr stark schwanken kann ist Burma. Waren es 1973 nur 13 Fälle, so sind es 1974 schon 680 und 1975 275 gewesen. In den folgenden Jahren waren es dann jährlich mehrere hundert Pesttote. Auch in Südamerika wurden einige Pestfälle gemeldet. In der 1. Hälfte des Jahres 1970 wurden in Brasilien über 1.000 Pestfälle gemeldet. In Ecuador und Bolivien wurden ebenfalls einige Erkrankungen registriert. In Peru waren es in vielen Jahren mehrere hundert Fälle. In der USA gab es niemals viele Pestfälle, aber trotzdem traten immer wieder Infektionen auf. 1973 waren es 46 Erkrankungen. In Afrika traten bisher eher wenige Fälle auf, welche vor allem im Osten des Kontinents lokalisiert waren. Weltweit waren es bis 1953 jährlich mehrere tausend Erkrankungen. Danach geschah ein steiler Abfall. Der Tiefpunkt wurde 1959 mit weniger als 100 Infektionen erreicht. Darauf folgte ein starker Anstieg, vor allem seit 1965 mit über 5.000 Fällen pro Jahr, was auf den Vietnamkrieg zurückzuführen ist. Nach dem Ende des Krieges folgte ein genauso steiler Abfall. 1974 stieg die Zahl der Opfer auf ca. 2.000. 1975 waren es weniger als die Hälfte. Seit den 70ern wurden in einzelnen Ländern Südamerikas, Afrikas und Ostasiens mehrere Beulenpestfälle pro Jahr gemeldet. In den 80ern waren es weltweit durchschnittlich 855 Erkrankungen jährlich, davon endeten 98 tödlich. Durch Breitbandantibiotika konnte die Letalität seit 1965 auf ca. 10% gesenkt werden. Der folgenden Abbildung sind die Pestfälle weltweit zwischen 1954 und 1996 zu entnehmen.

▲ der WHO gemeldete Pestfälle von 1954-1996 (Quelle:WHO)

Auch in den letzten 15 Jahren war die Pest eine präsente Krankheit. In den USA wurden 1992 13 Infektionen und zwei weitere Todesfälle beobachtet. Seit 1957 kam es z.B. in Colorado zu 50 Infektionen, davon endeten 8 tödlich. Die letzte größere Epidemie fand von August bis Oktober 1994 in Surat, Indien, statt. 234 offizielle Infektionen und 56 Todesfälle wurden dort registriert. Vermutet sind aber 6.344 Erkrankungen. Der dortige Erreger hatte bisher noch nicht beobachtete Eigenschaften. Er zeichnete sich durch eine schwache Virulenz und molekularbiologische Besonderheiten aus. Es war ein stark veränderter Erreger. Auch auf Madagaskar wurde bei einer Epidemie ein neuer, vielfach resistenter Yersinia pestis -Erreger entdeckt. Mehrere 100 Menschen erkrankten bei dieser Epidemie. Dieser Erreger widerstand allen herkömmlichen Antibiotika und auch gängige Alternativmedikamente waren unnütz. Im Februar 2005 brach die Lungenpest im Nordwesten des Kongos aus. Die WHO hat dort 61 Todesopfer registriert. Zwischen dem 13. und 18. Juni 2005 kam es zu einem Pestausbruch in Zhongba (Bezirk der Xigaze Präfäktur im Südwesten Tibets). Es kam zu zwei Todesfällen, nachdem die Opfer Murmeltierfleisch gegessen hatten. Ende 2004 verlief ein autochthoner Pestfall aus Colorado tödlich. Ein 66-jähriger Mann hatte sich bei der Hasenjagd in Park Country infiziert. Am 27.07.2005 kam es dann zum ersten Pestfall in New Mexico bei einem Erwachsenen in Santa Fe County. Der Erkrankte erholte sich im Krankenhaus. Immer wieder werden Pestfälle auftreten und dies wird sich in den nächsten Jahrzehnten nicht ändern. Denn die Pest ist noch lange nicht besiegt, wie genannte Fakten eindrucksvoll beweisen.

5.1 Gesetzliche Bestimmungen in Deutschland

(Auszug aus dem Infektionsschutzgesetz)

§ 6 Meldepflichtige Krankheiten

(1) 1)Namentlich ist zu melden:

1. der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an

a) Botulismus
b) Cholera
c) Diphtherie
d) humaner spongiformer Enzephalopathie, außer familiär-hereditärer Formen
e) akuter Virushepatitis
f) enteropathischem hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS)
g) virusbedingtem hämorrhagischen Fieber
h) Masern
i) Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis
j) Milzbrand
k) Poliomyelitis (als Verdacht gilt jede akute schlaffe Lähmung, außer wenn traumatisch bedingt)
l) Pest
m) Tollwut
n) Typhus abdominalis/Paratyphus
 …

§ 7 Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern

(1) 1)Namentlich ist bei folgenden Krankheitserregern, soweit nicht anders bestimmt, der direkte oder indirekte Nachweis zu melden, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen:

45. Yersinia enterocolitica, darmpathogen
46. Yersinia pestis
47. andere Erreger hämorrhagischer Fieber.

§ 12 Meldungen an die WHO und das Europäische Netzwerk

(1) 1Das Auftreten von Cholera, Diphtherie, Fleckfieber, Gelbfieber, virusbedingtem hämorrhagischem Fieber, Pest, Poliomyelitis, Rückfallfieber sowie Fälle von Influenzavirusnachweisen hat das Gesundheitsamt unverzüglich an die zuständige oberste Landesgesundheitsbehörde und diese unverzüglich dem Robert Koch-Institut zu melden. 2)Das Robert Koch-Institut hat die Meldung entsprechend den internationalen Verpflichtungen an die Weltgesundheitsorganisation zu übermitteln.

§ 2 Zu den Artikeln 37, 39, 58 und 61 der Int. Gesundheitsvorschriften

Bei der Ankunft eines Eisenbahnzugs, Straßenfahrzeugs oder sonstigen Beförderungsmittels, in dem sich eine Person befindet, die an Pest leidet, oder wenn ein solches Fahrzeug bzw. Beförderungsmittel als pestverseucht oder -verdächtig anzusehen ist, sind folgende Maßnahmen anzuordnen:

1. Infizierte Personen sind in einem Krankenhaus abzusondern,

2. ansteckungsverdächtige Personen sind während höchstens sechs Tagen, von ihrer Ankunft an gerechnet, unter Beobachtung zu stellen,

3. die nach Auffassung der für die Grenzübergangsstelle zuständigen Gesundheitsbehörde als pestverseucht geltenden Teile des Fahrzeugs bzw. Beförderungsmittels und Gegenstände sind zu entratten, von Insekten zu befreien und erforderlichenfalls zu desinfizieren. 2)In besonderen Fällen kann die zuständige Behörde hiervon Ausnahmen zulassen

§ 30 Quarantäne

(1) 1)Die zuständige Behörde hat anzuordnen, dass Personen, die an Lungenpest oder an von Mensch zu Mensch übertragbaren hämorrhagischem Fieber erkrankt oder dessen verdächtig sind, unverzüglich in einem Krankenhaus oder einer für diese Krankheiten geeigneten Einrichtung abgesondert werden. 2)Bei sonstigen Kranken sowie Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern kann angeordnet werden, dass sie in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen, befolgen können oder befolgen würden und dadurch ihre Umgebung gefährden.

5.2 Die Pest als Biowaffe früher und heute

Die Pest wurde schon in der Geschichte als biologischer Kampfstoff eingesetzt. Der erste belegte Einsatz fand, wie bereits erwähnt, 1346 in der Hafenstadt Kaffa, auf der Halbinsel Krim, statt. Dort belagerte der Tartarenführer Khan Djam Bek, das heutige Feodosia. Um die Stadt einzunehmen, benutzte er einen Trick. Er ließ die Pestleichen seiner eigenen Männer mit Katapulten über die Stadtmauern schleudern. Viele starben in der Stadt an der Pest, der Rest ergriff die Flucht. Aber auch im 20. Jh. kam die Pest als Biowaffe zum Einsatz. Während des Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges stellten die Japaner Waffen her, die mit Yersinia pestis infizierte Flöhe enthielten. Die Herstellung dieser Waffe fand im Gefangenenlager Einheit 731 bei Harbin in der Mandschurei statt. Der Einsatz dieser Waffen von 1940-1942 ließ in China kleine lokale Pestausbrüche entstehen. Als der Krieg 1945 beendet war, wurde die Produktionsstätte dieser Waffen zerstört. Dabei kamen aber mit Pestbakterien infizierte Ratten frei. Diese führten zu einer Epidemie in den Provinzen Jilin und Heilongjiang. Die Pest forderte dort über 20.000 Todesopfer. Zur Zeit des Kalten Krieges, Ende der 80er, gelang es russischen Wissenschaftlern ein antibiotikaresistentes Pestaerosol herzustellen. Was früher schon möglich war, ist heute noch einfacher. Auch in der heutigen Zeit spielt die Pest eine wichtige Rolle. Sie wird von der WHO zum „dreckigen Dutzend“ gezählt. Das sind die 12 gefährlichsten biologischen Kampfstoffe dieser Welt. Dazu gehören unter anderen noch Tularämiebakterien, Anthrax, Marburg-Viren, Pocken und Ebola. Besonders für den Einsatz in Kriegen oder für terroristische Organisationen wäre die Pest eine geeignete biologische Waffe. In kriegerischen Auseinandersetzungen wäre die Pest mit einem durchschnittlichen Aufwand freizusetzen, unbehandelt fast 100%ig tödlich, tötet relativ schnell und verursacht ein schnelles Ausfallen von Streitkräften. Auch wenn die Pest im Moment gut behandelt werden kann, wäre es möglich eine Mutation mit verstärkter Virulenz zu züchten. Aber die Pest ist immer noch kaum kontrollierbar. Sie macht keinen Unterschied zwischen freundlichen und feindlichen Soldaten. Deswegen werden Forschungen für den Kriegseinsatz sich darauf konzentrieren, einen guten Impfstoff für die eigenen Soldaten herzustellen. Außerdem wird man versuchen, das Pestbakterium antibiotikaresistent zu machen. Aber wie würden Pesterreger im Krieg zum Einsatz kommen? Dafür existieren drei Möglichkeiten. Zum einen könnte man Pestbomben bauen. Diese wären die einfachste Form der Pestwaffen. Man könnte sie neben den normalen Bomben mit Flugzeugen abwerfen. Durch den Aufprall würde der vordere Kopf der Bombe explodieren. Darin befänden sich in einem Hochdruckbehälter die Pesterreger. Durch die Explosion kommen die Bakterien frei und alle im Umkreis infizieren sich. Die zweite Möglichkeit sind Artilleriewaffen. Diese sind in ihrer Funktionsweise sehr ähnlich. Durch Geschütze können diese dann in feindliche Stellungen geschossen werden. Eine letzte Anwendung wären Sprühwaffen. Diese sind vielfältig verwendbar. Es wären Soldaten mit Sprühbehältern auf dem Rücken denkbar. Aber am wahrscheinlichsten wäre wohl die Verteilung des Erregers durch Sprühflugzeuge. Noch größer als die Bedrohung der Pest im Krieg ist sie bei terroristischen Angriffen. Aber wie sollten Terroristen in den Besitz des nötigen Know-How kommen? Diese Frage ist schon seit langem in der Diskussion. Denn erst 2003 haben die USA das Budget für die Biowaffenabwehr auf 5,9 Milliarden Dollar verdreifacht. Es wurden in die Grundlagenforschung an waffentauglichen Krankheitskeimen alleine unglaubliche 441 Millionen Dollar investiert. Durch die Verstärkung der Forschung gerät immer mehr Wissen in Umlauf und kann leicht in die falschen Hände geraten. Durch die Aufstockung des Budgets wird außerdem auch automatisch fragwürdige und zweitklassige Forschung unterstützt. Lange konnte man das vernachlässigen. Denn für Terroristen war es sehr schwierig an das nötige Wissen zu gelangen und Produktionsanlagen würden Unsummen verschlingen. Durch die frühere gegenseitige Bespitzelung der Supermächte wurde die Biowaffenentwicklung gut kontrolliert. Doch heute findet dies nicht mehr statt. Im Oktober 2002 veröffentlichte ein 35-köpfiges Forscherteam die Genomsequenz von Yersinia pestis. Diese ermöglicht es Experten die Gene zu identifizieren, die für Virulenz, Pathogenität und Antibiotikaresistenz verantwortlich sind. Dies kann nicht nur der Entwicklung von Medikamenten helfen, sondern auch Terrorismusorganisationen. Aber das Genom sagt nichts über die Aufzucht von Yersinia pestis und über die Herstellung eines Aerosols aus. Sollte diese Informationen in die Hände eines Terroristen fallen, wie würden die Folgen wohl aussehen? Diese Organisationen würden wahrscheinlich einen besonders virulenten Stamm heranzüchten. Dann könnte sich ein Terrorist mit einem Pestaerosol in einer Parfümflasche zum Beispiel unter die Bevölkerung mischen. Erst würden nur wenige Personen an primärer Lungenpest erkranken. Diese übertragen sie weiter. Die Ärzte und Behörden würden zuerst nur Lungenentzündungen oder Erkältungserkrankungen annehmen und bis die Gefahr erkannt ist, wäre es schon zu spät. Eine Epidemie mit mehreren tausend Opfern wäre die Folge. Soll man solche Untersuchungsergebnisse nun offen legen, um die Herstellung und Verbesserung von Medikamenten zu beschleunigen oder sollte man aus Angst vor Missbrauch sehr behutsam damit umgehen? Die meisten Terrorismusexperten meinen, dass solchen Organisationen noch die Mittel zur Herstellung von Biowaffen fehlen. So sagt Experte Jan van Aken: „Die müssen erstmal biologisch aufrüsten, ehe sie mit gentechnischen Methoden beginnen können.“ (aus DIE ZEIT 10/2002 Schwarzer Tod aus dem Labor, Internetquelle). Wenn dieser Punkt aber erreicht ist, kann die Genomsequenz eine wichtige Rolle spielen. Allerdings ist das Wissen der Genome auch enorm wertvoll. Denn in den nächsten Jahren sollen über 70 Krankheiterreger sequenziert sein. Durch den Vergleich untereinander kann verstanden werden, was diese Erreger so virulent macht. Dies könnte dem Menschen helfen, den Kampf gegen Krankheiten öfter zu gewinnen. Was man auf jeden Fall unterbinden sollte, ist das Offenlegen der Herstellung eines Pestaerosols, aber dies wird sicherlich auch nicht passieren. Aber auch Forschungsergebnisse an einem Impfstoff gewähren einen tiefen Einblick. Ich stimme mit dem Entdecker der Genomsequenz des Pesterregers überein. Julian Parkhill meint: „Der beste Weg im Umgang mit solchen Forschungen besteht darin, viele Wissenschaftler offen arbeiten zu lassen.“ (aus DIE ZEIT 10/2002 Schwarzer Tod aus dem Labor, Internetquelle). Wir können der Bedrohung nur durch Forschung entgegenarbeiten. Wir müssen versuchen unser Wissen zu vergrößern und immer einen Schritt weiter sein als etwaige Terroristen. Nur wenn wir weiter vorankommen und nicht stehen bleiben, können wir solche Probleme lösen.

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